Artikel Aikidojournal 09/2013 : Lehrer, die Einfluss auf mich hatten
Mein erster Aikidolehrer war Dr. Ronald Karnik. Er war einer der ersten Aikidoka in Österreich, nachdem Juo Iwamoto Sensei Anfang der 70er Jahre nach Österreich kam. Bevor Dr. Karnik unser Dojo gründete, verbrachte er einige Zeit im Ausland um bei Noro Sensei, Tada Sensei und Asai Sensei zu lernen. Von ihm habe ich meine Reiselust in Sachen Aikido, nachdem er mich bereits nach einem halben Jahr Aikido zu meinem ersten internationalen Seminar in die Schweiz mitnahm. Er lehrte uns, dass jeder Shihan seine eigene stimmige und in sich logische Interpretation des Aikido habe und dass es sehr unhöflich und ignorant sei, die Techniken nur auf gewohnte Art und Weise bei solch einem Lehrgang auszuführen – was ich heute noch so weitergebe. Die Reisetätigkeit ist bis heute in unserem Dojo erhalten geblieben.
Ich trainierte letzten 25 Jahren bei verschiedensten Meistern in Europa und Japan, die alle auf ihre Art beeindruckend waren und mich inspirierten und unterstützten. Jedoch kristallisierte sich eine bestimmte Richtung im Laufe der Zeit immer mehr heraus:
Zu einem Lehrgang von Christan Tissier fuhr ich erstmals Ende der 90er Jahre. Ich bewunderte die Präzision, mit der er seine Techniken winkelgetreu reproduzieren konnte; etwas, das ich bisher nur vom Schwert im Kenjitsu und Iai her kannte. In den nächsten Jahren besuchte ich immer häufiger seine Lehrgänge, fand immer neue interessante Aspekte und wurde schließlich sein Schüler. Besonders bemerkenswert finde ich, dass man das Forschen an bestimmten Themen mitverfolgen kann. So werden gewisse technische Details analysiert, erkundet und als Basis für die nächste Entwicklung benutzt – wie in einem evolutionären Forschungsprozess. Es ist ein sehr lebendiges Aikido. Die Rolle des Uke ist ein besonderer Prüfstein und wird stets nach seiner Sinnhaftigkeit und Logik hinterfragt und korrigiert.
Hochgraduierte Schüler Christian Tissiers, so meine ich, haben alle gewissen Aspekten seines Aikido besondere Aufmerksamkeit gewidmet und diese für sich entwickelt. Hier sehe ich eine gewisse Analogie zu Yamaguchi Sensei, dessen Schüler unverkennbar seine Schüler sind, sich aber eindeutig individuell entwickelten.
Stephane Goffin ist der jüngste 6. Dan Belgiens. Ich traf ihn 1999 zum ersten Mal beim alljährlichen Sommerlehrgang Christian Tissiers in Belgien. Mir fiel die außergewöhnliche Qualität seiner Angriffe und Ukemi auf. Schon bald holte ich mir Tips. Es ergab sich, ihn nach Österreich zu Lehrgängen einzuladen. Daraus entwickelte sich eine langanhaltende Freundschaft. Stephane hat auch außerhalb des Aikido Budo-Erfahrung und ist Trainer von Spezialeinheiten der belgischen Polizei; was ihm, wie ich finde, eine gewisse Bodenständigkeit verleiht.
Bruno Gonzalez schätze ich auch sehr. Bei ihm stehen die Analogie zur Schwerttechnik und die daraus resultierende Kommunikation zwischen Uke und Tori im Mittelpunkt. Dadurch erreicht er eine besondere Beweglichkeit und Leichtigkeit, besonders bei Drehungen.
Bei meinen Reisen ins Honbu Dojo besuchte ich besonders gerne die Kurse von Yasuno Sensei. Auch wenn er in Europa ist, fahre ich gerne hin. Er ist, wie Christian Tissier, Schüler von Yamaguchi Sensei –die nahe technische Verwandtschaft ist gut zu erkennen, wie vorher erwähnt betont jeder andere Aspekte und entwickelt dadurch sein eigenes Aikido. Er zeigt wunderbares Timing bei der Aufnahme des Angriffs, bringt den Uke oft zu starken Ein- oder Ausatmen, um dann zu werfen - ein unglaubliches Schauspiel.
Yoko Okamoto ist eine der wenigen Frauen in Japan, die ein Dojo betreiben. Sie ist Schülerin Yasuno Senseis und hat auch enge Kontakte zu Christian Tissier, der mir einen Besuch in ihrem Dojo in Kyoto anlässlich einer meiner Japanreisen empfahl. Auch bei ihr sah ich Aspekte, die ich sonst nirgends so ausgeprägt fand, wie zum Beispiel eine sehr feine Aufnahme der Technik gepaart mit fantastischem Timing und Energie. Die Schüler in ihrem Dojo laden durch ein sehr feines Uke-Verständnis zum gemeinsamen erforschen Der Technik ein. Es gibt einen hohen Frauen- und Ausländeranteil. So oft ich kann besuche ich das Dojo in Kyoto.